Mit den besten Grüßen aus dem Stadtarchiv Bayreuth…

… heute: künstlerische Gestaltung  privater und geschäftlicher Korrespondenz

Dieser ganz persönliche Brief von Hubert von Gernler an seine Ehefrau Caroline geb. von Flotow anlässlich Ihres Geburtstages ist nicht nur optisch etwas Schönes. Die erste Seite des Briefes ist mit einem edlen silberfarbigen Spitzenrand versehen.

Auch der Inhalt des Briefes lässt uns Einblicke in die Kommunikation zwischen Ehepaaren erahnen.

Nicht ganz uninteressant sind auch die zeitlichen Angaben. Der Verfasser begann „nachts um 10 Uhr“ im Juni 1860 mit dem Verfassen des Briefes. Um „1/2 elf“ muss er enden, da um vier Uhr sein nächster Arbeitstag beginnt.

Brief mit edlem Spitzenrand
StadtABT, Schlossarchiv Göppmannsbühl, Nr. 1766

Transkription:

Bayreuth, den 8. Juni 1860

Nachts 10 Uhr.

Theuere geliebte Caroline!

Da ich leider über Morgen an deinem lieben werthen Geburtstag nicht bei dir sein kann, so muß ich diesesmal die Feder zu Hülfe nehmen, um dir meine beßten innigsten Glückwünsche darzubringen. Mögest du diesen mir so theueren Tag froh, gesund und ungetrübt bei schönem Wetter im Kreise der Kinder auf dem Lande begehen. Der allmächtige Gott lasse dir eine dauerhafte Gesundheit und langes Leben angedeihen, zwei kostbare Güter, die niemand mehr als ich dir, geliebte Caroline, von ganzem Herzen wünsche. Daß ich zu diesem Tage dich gewiß so gerne besucht hätte, wenn es mir nur einigermaßen möglich gewesen wäre, darfst du vollkommen versichert sein. Ich muß am Sonntag von Oberstlieut. von Seckendorf wegen dessen 5 wöchentl. Beurlaubung dessen Dienste übernehmen und habe schon am Montag einen Kassa-Zahl-Tag was mein Kommen unmöglich macht. Schlüßlich erlaube ich mir, liebe Karoline, dir mitfolgenden Seidenkleiderzeug zum Geburtstags Geschenk auf das Bestgemeindeste zu überschicken. Da dein altes schwarz seidenes Kleid ganz unbrauchbar geworden so möchte ein Neues wohl nothwendig sein. Solltest du jedoch eine andere Farbe lieber haben, so ist ein Austausch leicht zu bewerkstelligen. Der Seidenzeug mißt 16 1/2 Ell. . Vier bis fünf Ellen gehören zu einer Mantille.

Jetzt, geliebte Karoline, muß ich schließen, da es 1/2 11 Uhr ist, und ich Morgen früh um 4 Uhr wieder auf den Beinen sein muß. Meine beßten herzlichsten Wünsche noch einmal wiederholend, verbleibe ich dich in Gedanken herzlichst umarmend, dein treu liebender Hubert.

Caroline von Flotow: geboren am 10.06.1816 in Göppmannsbühl, gestorben am 21.06.1901 in Bayreuth, am 20.10.1840 Heirat mit Hubert von Gernler

Nicht nur die damalige aufwendige Gestaltung des Briefpapiers ist aus heutiger Sicht schön anzusehen.

Auch eine interessante Falttechnik privater Korrespondenz soll in diesem Zusammenhang nicht ungezeigt bleiben. Der Brief „An Freifrau von Flotow Hochwohlgeboren in Göppmannsbühl“ misst gefaltet nur 6 cm x 5,5 cm.

Kleingefaltener Brief
Aus: StadtABT, Schlossarchiv Göppmannsbühl, Nr. 1763

Auch Firmenbriefköpfe wurden mit besonderem Aufwand gestaltet.

Mit dem Entwurf von Briefköpfen wurden früher oft spezialisierte Künstler und Zeichner zur ansprechenden Gestaltung geschäftlicher Briefbögen beauftragt. Gerade deshalb sind diese eine wichtige historische Quelle der Firmen-, Architektur- und auch der Kulturgeschichte. Allerdings muss man die Darstellungen immer auch mit einer gewissen Quellenkritik betrachten, da es sich um Werbung für die Firma und/oder die Waren handelte, die somit nicht selten eine „beschönigende“ Sichtweise widerspiegelt. (vgl. u.a. Digitalisierte historische Briefköpfe sächsischer Unternehmen)

Beispielhaft zeigen wir eine Rechnung der Lebkuchen- & Zuckerwaaren-Fabrik L. Löwensohn.

Rechnung der Firma Lion Löwensohn
StadtAB, Firmenbriefköpfe, hier: Lion Löwensohn vom 27.03.1897

Zur Firma:

Lion Löwensohn, der 1862 in Fürth als Sohn eines Spielwarenexporteurs geboren wurde, arbeitete zuerst in Fürth als Kaufmann. Er kaufte dann in Bayreuth von Ferdinand Ortweiler dessen seit 1892 bestehende Chokoladen-, Zuckerwaren-, Früchtekonservenfabrik. Am 6. August 1895 meldete Löwensohn ein eigenes Gewerbe für eine „Chokolade-, Lebkuchen- und Zuckerwarenfabrik“ in der Dammallee 11 an.  Die Fabrik befand sich im Gebäude Dammallee 9  (auf der Zeichnung im Briefkopf links ist dies das Gebäude mit dem hohen Schornstein), die Wohnung war daneben in Dammallee 11. Im März 1901 erhielt Löwensohn das Bürgerrecht in Bayreuth. Ab Mai 1902 betrieb er zusätzlich noch die  „Apparatebauanstalt Bavaria“, die automatische Verkaufsapparate herstellte. Die Zuckerwaren- und Automatenfabrik wurde aufgrund von Konkurs am 15. Februar 1914 abgemeldet und Lion Löwensohn ist mit seiner Familie wieder nach Fürth gezogen, wo er 1929 verstarb.

Interessant an diesem Briefbogen ist zum einen die imposante, überhöhende Darstellung des Firmengeländes in der Dammallee in der gerahmten Zeichnung. Hier zu sehen ist übrigens auch Wagners erste Bayreuther Wohnung (vorderes Eckhaus mit Zaun). Die rauchenden Schornsteine sollten vor allem Produktivität vermitteln. Zum anderen zeigt uns dieser Briefkopf aber auch die süße Vielfalt des Warenangebotes der Fabrik. Neben Lebkuchen und Zuckerwaren gab es als Spezialitäten Bonbons nach englischer und schweizer Art, feinste französische Dessertbonbons, Dragees, Weihnachts Confecturen und feinste Marzipanartikel.

Da kann einem beim Lesen der Rechnung schon einmal die Lust nach Süßem überkommen …