Seuchen und Krankheiten in der Geschichte Bayreuths – Pest und Spanische Grippe
Auch wenn dem heutigen Bürger die aktuellen Maßnahmen der Regierung im Zuge der Corona-Epidemie einmalig und ungewohnt vorkommen, so zeigt ein Blick in die Geschichte, dass auch in früheren Zeiten bei Seuchen und epidemisch auftretenden Krankheiten mit gefährlichen Erregern wie der Pest, der Cholera oder der Grippe schon ganz ähnlich wie heute reagiert wurde.
Vergleicht man beispielsweise die Vorschriften, die die Bayreuther Markgrafen im 17. und noch Anfang des 18. Jahrhunderts für ihre Bevölkerung erließen, mit den heutigen Verordnungen, so zeigen sich jedenfalls erstaunliche Parallelen. An den Maßnahmen zur Eindämmung einer Seuche hat sich im Kern nichts geändert.
Quarantäne, Handel unterbinden, Grenzen dichtmachen, also die Abwehr durch Abschottung – schon vor mehr als dreihundert Jahren waren dies die Maßnahmen, die sowohl das Eindringen wie auch die Verbreitung einer Seuche stoppen sollten.
Die Pest
Seit dem 14. Jahrhundert durchzog die Pest in immer neuen Wellen ganz Europa und verbreitete Angst und Schrecken. Die Bezeichnung „Pest“ (latein. pestis – Seuche, Unglück) wurde zum Inbegriff einer tödlichen Bedrohung. Es handelt sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit, der Erreger ist Yersinia pestis, ein stäbchenförmiges Bakterium, das aber erst 1894 als Verursacher entdeckt worden ist.
In Bayreuth kam es u.a. in den Jahren 1495, 1602 und 1634 zu größeren Ausbrüchen der Pest mit vielen Opfern, für das Pestjahr 1602 liegen ausführliche Berichte vor, es wurden 794 Tote gezählt.
Bei drohender Pestgefahr aus benachbarten Gebieten ließ der Markgraf spezielle Pestmandate an Säulen entlang der Landesgrenzen anschlagen und öffentlich bekanntmachen. Sie erinnerten an die wichtigsten Schutzmaßnahmen wie Sperrung der Grenzen, Aufstellung von Wachen, Überprüfung aller Personen und Waren bei der Einreise, Vorlage von Gesundheitspässen, Quarantäne, Ausgangsverbote, das Aussetzen der Märkte etc. Zugleich wurden die von der Pest betroffenen Orte bannisiert, d.h. von dort durfte niemand einreisen, auch der Handel, selbst der Briefverkehr war verboten. Bei Missachtung drohten strenge Strafen. In Markgräflichen Mandaten von 1708, 1709 und 1713 wurde als besondere Abschreckung sogar die Errichtung von Schnellgalgen an den Grenzen befohlen (Stadtarchiv Bayreuth, Nr. 27470, 27470, 28955).
Auf Befehl von Markgraf Christian Ernst wurden in der Pestordnung von 1666 insgesamt zehn Punkte festgelegt, die „bey künfftig sich ereignender Pestilenz-Seuche“ eingehalten werden sollten:
- Reise- und Handelsverbot
„so soll keiner unser Angehörigen und Unterthanen an die Ort oder Häuser, do die Infection eingerissen, nicht reisen gehen oder sich verfügen, noch mit inficirten Leuten wissentlich handeln,…deren Waren, Güter…einführen“
- Quarantäne
„wer da, es sey Manns oder Weibs-Person, an dergleichen inficirte Ort und zu solchen Personen sich beziehet, der oder die soll vier Wochen außer der Stadt…, do Er oder Sie sonsten daheim ist oder häuslich wohnet, sich aufhalten und darein nicht gelassen werden“
- Zugangsverbot
„So sollen…gute Wachen angestellt, die unnöthige, überflüssige Weg und sonderlich die Gehestege verzeunt und nur ein, zween oder zum meisten drey offene Thor oder Straßen gelassen“
- Personenkontrollen
„alle ankommenden Personen zu Roß und Fuß mit Fleiß examinieren und fragen, von wannen sie kommen, wo sie zu Mittag oder über Nacht geherbrigt haben, wo sie hinaus wollen und ob sie durchzuraisen oder daselbsten zu logieren gedenken“
- Seuchenkrankenhäuser
„So sollen…Lazareth und absondere Häusser verordnet werden, die inficirte Personen…daselbst hinein zu bringen, nothdürfftiglichen zu versorgen“
- Versorgung der Kranken
„gewisse Manns- und Weibspersonen zu bestellen, so dem erst benahmten, was die Krancken bedürffen an Speis, Tranck, Labung, Artzney und sonsten zu tragen und solches an ein benamt Ort setzen, von dannen es hernacher die andere abholen“
- Verbot öffentlicher Beerdigungen
„es leyder an etlichen Orten die Erfahrung bezeuget, daß durch dergleichen öffentliche Begräbnuß und Zusammenkunft die infection nur je länger je weiter einreist, auch je mehr und mehr Personen angestecket werden,…so wollen wir solche öffentlicher Begräbnuß-Ceremonien bey den Inficierten…gänzlich abgeschaffet…und daß, solang an einem Ort die Infection währet, die Verstorbene anders nicht denn bey der Nacht, Abends nach veschlossenem Thor und Morgens wieder vor geöffnetem Thor, ohne Gesang und Klang von denen darzu bestellten Trägern und Todengräbern, jedoch christlich und fleißig zu Ihrem Ruhebettlein gebracht, vergraben und verscharret werden sollen.“
Der Bayreuther Stadtarzt Dr. med. Gottfried Stein (1649-1707) verfasste im Jahr 1678 eine Handlungsanweisung, wie man sich bei der grassierenden Fieberseuche verhalten soll, gerichtet an Bürgermeister und Rat sowie die ganze Bürgerschaft der Residenzstadt Bayreuth. Er brachte sie als handlichen Druck im Taschenformat heraus, um so für eine große Verbreitung zu sorgen (Dr. med. Gottfried Stein: Kurzer und einfältiger Bericht, wie man sich bey jezt grassirender Fieberischen Seuche, so wohl in Curir- als Praeservirung derselben verhalten soll, Bayreuth 1678, 33 S., Stadtarchiv Bayreuth, Nr. 24598).
Im Stadtarchiv sind davon jedenfalls zahlreiche Exemplare erhalten geblieben. Zwei Jahre später 1680 erschien von ihm sogar eine überarbeitete und erweiterte Fassung.
(Dr. med. Gottfried Stein: Wolgemeintes Consilium Antiloimicum oder Rathschlag, welcher gestalt man sich Zeit grassierender Pestilenz, sowohl in praeservirung, daß gedachtes Übel nicht so leichtlich einreisse; als auch in curierung, wo es schon allbereit eingeschlichen, mit natürlichen Mitteln versehen und verhalten soll, Bayreuth 1680, 68 S., Stadtarchiv Bayreuth, Hist. 1061)
Die „Spanische Grippe“ 1918/19
Vor gut hundert Jahren sorgte die sogenannte „Spanische Grippe“ für große Todeszahlen, man schätzt 27 bis 50 Millionen Todesopfer weltweit bei 500 Millionen infizierten Menschen, und lieferte bereits damals Bilder von überfüllten Krankenhäusern. Das Influenza-Virus trat im März 1918 in Amerika erstmals in einem Lazarett auf und breitete sich durch die Soldaten im 1. Weltkrieg nach Amerika auch überall in Europa und in Asien rasend schnell aus. Nach einer ersten Welle im Frühjahr 1918 flachte die Infektionskurve ab, im Herbst 1918 kehrte das Virus in einer mutierten Form zurück. Die Betroffenen erkrankten durch Tröpfcheninfektion an Fieber und Atembeschwerden, die meisten starben dann an Lungenversagen.
Auch in Bayreuth führte diese Grippewelle im Oktober/November 1918 damals schon zu – wenn auch im Vergleich zu heute kurzzeitigen – Schließungen in den Volksschulen, Kinderhorten, am Gymnasium und der Höheren Töchterschule, wie aus den abgebildeten Berichten zu ersehen ist. Dieser Grippe fielen in den städtischen Volksschulen und Kinderhorten 8 Kinder zum Opfer.
Das Bayerische Staatsministerium verbreitete im Februar 1933 ein Plakat mit Hygiene-Hinweisen.
Bei der Zahl der Verstorbenen in der Stadt für das Jahr 1918 werden im Städtischen Verwaltungsbericht bei insgesamt 746 Sterbefällen 105 davon als Grippetote angegeben, für 1919 noch einmal weitere 19 Grippetote.
Die Kenntnisse über Viren waren zur damaligen Zeit noch gering. Mangels geeigneter Behandlungsmöglichkeiten kam es daher zu den hohen Sterbezahlen.
(Verwaltungsbericht der oberfränkischen Kreishauptstadt Bayreuth, umfassend die Zeit vom 1. Januar 1919 bis zum 31. Dezember 1924, hrsg. vom Stadtrat Bayreuth, Bayreuth 1928, S. 84 und 86)