150 Jahre Bezirkskrankenhaus
Die geschichtliche Entwicklung von der Kreisirrenanstalt über die Oberfränkische Heil- und Pflegeanstalt und das Nervenkrankenhaus zum heutigen Bezirkskrankenhaus von 1870 bis 2020
Am 16. Mai 2020 kann das Bezirkskrankenhaus sein 150-jähriges Bestehen feiern. Anhand verschiedener Unterlagen aus den Beständen des Stadtarchivs wird hier ein Überblick über die Entwicklung dieser wichtigen Gesundheitseinrichtung geboten.
Vorläufereinrichtungen
Im 18. Jahrhundert gibt es erste Ansätze zu einer gesonderten Behandlung von Geisteskranken. Markgraf Georg Wilhelm begann 1724 mit dem Bau eines „Zucht- und Arbeitshauses“ in St. Georgen, das bis 1735 endgültig fertiggestellt war. Neben Sträflingen wurden dort im 3. Stock auch in einigen Zimmern Patienten, „Melancholicos und Wahnwitzige“, getrennt nach Männern und Frauen, untergebracht.
Markgraf Alexander ließ 1784 im „Prinzessinnenhaus“ in der Markgrafenallee erstmals eine eigene Anstalt zur Unterbringung psychisch Kranker, die „Irrenanstalt St. Georgen“, einrichten. Der von 1805 bis 1810 dort tätige Direktor Dr. med. Johann Gottfried Langemann (1768-1832) setzte sich maßgeblich für eine Verbesserung der Betreuung ein und wandelte die Irrenanstalt in eine „Psychische Heilanstalt für Geisteskranke“ um, in der eine therapeutische Behandlung in den Vordergrund rückte. Im Lauf der Jahre reichte der Platz der für ganz Oberfranken zuständigen Einrichtung trotz verschiedener Anbauten nicht mehr aus. Nach längerer Diskussion über den Standort und einem „Städtestreit“ zwischen Bamberg und Bayreuth fiel im Mai 1865 die Entscheidung zugunsten Bayreuths.
Kreisirrenanstalt
Als Standort wurde in Bayreuth ein weiträumiges Gelände außerhalb des Stadtkerns in Wendelhöfen ausgewählt. Der Neubau der Kreis-Irrenanstalt umfasste neben dem Direktionsgebäude den Hauptbau mit Flügelbauten für 250 Patienten in sechs Abteilungen sowie Wirtschafts- und Ökonomiegebäude, auch einen Festsaal und eine Kapelle, alles umgeben von großen Gartenanlagen. Die reinen Baukosten betrugen 552 100 fl 43 ½ Kr. Am 16. Mai 1870 konnte der Betrieb in der Anstalt aufgenommen werden, zuerst wurden die Patienten aus St. Georgen hierher verlegt. Zum ersten Leiter wurde der jüdische Arzt Dr. Joseph Engelmann (1820-1888) ernannt, der bisher schon in St. Georgen tätig gewesen war.
Da der Platz schon bald nicht mehr ausreichte, wurde 1878 die Männerabteilung aufgestockt, weitere Aus- und Neubauten folgten in den nächsten Jahren, die Kapazität stieg dadurch auf 567 Betten. Trotzdem war die Anstalt häufig überbelegt, 1904 z.B. mit 705 Patienten.
Oberfränkische Heil- und Pflegeanstalt
Im Jahr 1906 wurde der neue Name „Oberfränkische Heil- und Pflegeanstalt“ eingeführt. 1909 erfolgte die Ausstattung mit elektrischer Beleuchtung, 1910 konnte die Wasserversorgung durch den Anschluss an die Fichtelgebirgs-Wasserleitung merklich verbessert werden, sodass man nicht mehr auf die eigenen Brunnen angewiesen war.
Bei der Berechnung der Verpflegungskosten für die Patienten ist die genaue Unterscheidung zwischen den kreisangehörigen, den bayerischen und nichtbayerischen Patienten mit erheblichen Unterschieden auffällig.
Während des 1. Weltkriegs kam es wegen der schlechten Ernährungslage zu zahlreichen Tuberkulosefällen und auch zu Hungerödemen und einer erhöhten Sterblichkeit. Die Grünflächen wurden zu Gemüsebeeten umgewandelt und im Keller eine Champignonzucht angelegt.
Die 1920er Jahre führten wieder zu Verbesserungen. Zur Weiterbildung des Personals wurde 1922 eine eigene staatlich anerkannte Krankenpflegeschule eröffnet. Zur Unterbringung des Personals wurden 1922/23 drei Doppelwohnhäuser für Pfleger durch den Bauverein Bayreuth in der damaligen Feustelstraße mit insgesamt 18 Wohnungen nach Plänen des Architekten Hans Reissinger errichtet.
Heil- und Pfleganstalt in der Zeit des Nationalsozialismus
Im Dritten Reich wurde mit Kriegsbeginn im September 1939 ein Reservelazarett mit 80 Betten im Hauptgebäude eingerichtet, 1942 kam auch noch die Gauhauptstelle der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) hinzu.
Am 1. Oktober 1940 wurde die Anstalt auf Anordnung des Gauleiters aufgelöst. 523 der damals 651 Patienten wurden mit Sonderzügen in die drei anderen fränkischen Heilanstalten in Erlangen, Ansbach und Kutzenberg verlegt. Von dort aus wurden im Rahmen des Euthanasieprogramms, der sogenannten „Aktion T4“, auch vorher in Bayreuth untergebrachte Patienten in Tötungsanstalten gebracht.
Innerhalb kürzester Zeit wurden die Gebäude in ein Kinderlandverschickungsheim der NS-Volkswohlfahrt umgewandelt, das bereits ab 26. Oktober 1940 mit 420 Mädchen belegt wurde. Aus der Anstalt blieben noch 99 arbeitsfähige Patienten und 58 Beschäftigte des Personals für Hilfsdienste im Heim zurück. Diese kleine Abteilung verblieb während des ganzen 2. Weltkriegs dort.
1942 musste der Bezirk das Areal gegen eine Entschädigung von 2 Millionen Reichsmark an die NS-Volkswohlfahrt abtreten.
Heil- und Pfleganstalt in der Nachkriegszeit
Einige der Gebäude waren durch die Sprengwirkung von Bomben beim Angriff am 11. April 1945 stark beschädigt worden, hinzu kamen Plünderungen der Vorräte und der Einrichtung, nachdem die NSV am Kriegsende die Anstalt fluchtartig verlassen hatte.
Die amerikanische Militärregierung richtete dort das Lager Wendelhöfen ein, in dem zuerst verhaftete ehemalige deutsche NS-Funktionäre, dann bis zu 1400 DPs (Displaced Persons) aus Polen, der Ukraine und vor allem aus dem Baltikum untergebracht waren.
1946 wurde die Bezirksregierung von Mittel- und Oberfranken wieder als Verwalter eingesetzt und nach einer behelfsmäßigen Instandsetzung im Herbst 1947 der Klinikbetrieb mit rund 100 Patienten wiederaufgenommen. 1951 konnte der Bezirk für 200.000 DM das Klinikgelände Wendelhöfen vom Bayerischen Staat zurückkaufen und den Wiederaufbau der Heilanstalt planmäßig mit einer Vielzahl von Baumaßnahmen betreiben.
So wurde 1954 eine neue Versorgungs-Zentrale (mit Heizung, Wäscherei, Küche) errichtet und 1955 ein Schwesternheim, damals das höchste Haus Bayreuths mit 8 Stockwerken. In insgesamt fünf Krankenabteilungen konnten nun 1200 Patienten behandelt werden. 1959 folgte eine weitere Erweiterung um 352 Betten, die Einweihung dieser neuen Frauenabteilung war im Mai 1963.
Nervenkrankenhaus
1964 erfolgte die Umbenennung in Nervenkrankenhaus. 1969 war es das zweitgrößte psychiatrische Krankenhaus in Bayern mit 1486 Betten nach München-Haar. Mit 37 Gebäuden stellt es eine kleine Stadt in der Stadt dar, mit eigener Kapelle (seit dem Neubau 1966 mit einer ökumenisch genutzten Simultankirche) sowie Leichenhaus. Im Zuge moderner Behandlungsmethoden wandelte sich das Nervenkrankenhaus in eine Psychiatrische Klinik.
Bezirkskrankenhaus
Seit 1. April 1997 trägt die Klinik mit den Bereichen für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik nun den Namen „Bezirkskrankenhaus“. Heute ist es Teil der Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken GeBO.