Die Stadt Bayreuth hat für ihr Franz-Liszt-Museum im Sterbehaus des Künstlers ‒ nicht zuletzt im Hinblick auf dessen anstehende Neugestaltung ‒ aus der Sammlung Ernst Burger, München, mit freundlicher Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Oberfrankenstiftung eine kostbare Daguerreotypie Franz Liszts von Hermann Biow aus dem Jahr 1843 erwerben und so für die Öffentlichkeit sichern können. Es handelt sich um die früheste fotografische Darstellung Liszts auf einer ovalen versilberten Kupferplatte (76 mal 92 mm) in einem roten Samt-Etui (90 mal 110 mm) mit Verschluss.
Der Stil des Porträts entspricht der traditionellen Malerei des Biedermeier und der Romantik. Hermann Biow (1803/04–1850) war zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Daguerreotypisten in Deutschland. Liszt saß ihm anlässlich eines Konzertaufenthalts in Hamburg 1843 in seinem erst ein Jahr zuvor gegründeten Atelier Modell.
Da das Verfahren der Daguerreotypie, mit dem die Geschichte der Fotografie beginnt, erst 1839 erfunden wurde, ist das Objekt als sehr frühes Exemplar fotogeschichtlich von großer Bedeutung. Außerdem ist es nach bisheriger Kenntnis die erste und damit älteste fotografische Darstellung eines Prominenten und Künstlers überhaupt. Es ist das einzige Foto Liszts, das ihn während seiner Virtuosenzeit zeigt, im Zenit seines Ruhms als Pianist.
Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Das Bild von Franz Liszt, aufgenommen von Hermann Biow, ist von außerordentlichem kulturhistorischen Wert. Es handelt sich um die erste Daguerreotypie eines der bedeutendsten Klaviervirtuosen in Europa, die früheste fotografische Darstellung eines Musikers überhaupt, aufgenommen von dem möglicherweise bedeutendsten Daguerreotypisten seiner Zeit. Ich freue mich, dass die Kulturstiftung der Länder an dessen Erhalt und Verbleib am authentischen Ort mitwirken konnte.“
Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung: „Mit dem Ankauf der Daguerreotypie hat die Sammlung des Franz-Liszt-Museums eine wichtige Erweiterung erfahren: Komponiert noch ganz im Kanon der Regeln der Porträtkunst des 19. Jahrhunderts, angefertigt aber schon unter den brandneuesten technischen Prämissen des Daguerreotypie-Verfahrens legt sie Zeugnis ab von der Entwicklung der Fotografie in der beginnenden Moderne. Der hohe Seltenheitswert und die enorm qualitätvolle Ausführung der Aufnahme in motivischer wie auch materialästhetischer Hinsicht haben uns Förderer nicht lange zögern lassen. Dass sich dieses kulturhistorisch wertvolle Einzelstück nun im Besitz der Stadt Bayreuth befindet und an diesem authentischen Ort verwahrt und der Öffentlichkeit gezeigt werden kann, ist ein Glücksfall.“
Regierungspräsident Florian Luderschmid, Vorsitzender des Stiftungsrats der Oberfrankenstiftung: „Wieder wird ein Stück regionaler Geschichte in der Region dinglich gegenwärtig. Wieder gelingt es dank des Zusammenspiels verschiedener Fördergeber, ein wichtiges Museum des Regierungsbezirks zu bereichern. Die Oberfrankenstiftung hat hier gerne unterstützt.“
Die Sammlung Ernst Burger war die bedeutendste Privatsammlung von Lisztiana. Die Sammlung wurde 1988 zum allergrößten Teil von der Stadt Bayreuth angekauft und macht zirka 90 Prozent der Dauerausstellung des 1993 gegründeten Franz-Liszt-Museums aus. Die Provenienz der Daguerreotypie ist mithin ausgezeichnet. Sie stammt aus dem Besitz und Nachlass des Münchner Kunstsammlers und -händlers Joseph Maillinger (1831–1884), nach dem auch die Maillingerstaße in München benannt ist. Der Zeitpunkt der Erwerbung ist unklar. Maillingers Sammlung ging Anfang des 20. Jahrhunderts zum größten Teil in den Besitz des Münchner Stadtmuseums über, das daher zunächst auch „Maillingermuseum“ genannt wurde. Die Daguerreotypie verblieb aber im Besitz der Familie und gelangte so an Ernst Burgers Ehefrau, die eine geborene Maillinger ist.