Nahe Riga wurden 1941 bis 1945 rund 35.000 Menschen ermordet – Unter den Opfern waren auch Bayreuther Jüdinnen und Juden
In den Jahren 1941 bis 1945 wurden in den Wäldern von Bikernieki nahe der lettischen Stadt Riga rund 35.000 Menschen von den Nationalsozialisten erschossen, erschlagen und verscharrt. Es waren Jüdinnen und Juden aus Lettland, aber auch aus anderen Städten des damaligen „Großdeutschen Reiches“. Unter den Deportierten befanden sich auch jüdische Bürgerinnen und Bürger aus Bayreuth. In Riga fand jetzt eine nationale Gedenkveranstaltung statt. An ihr nahmen zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter des Riga-Komitees teil. In dem Komitee sind fast 70 Städte aus Deutschland, Österreich, Tschechien und der Slowakei vertreten. Auch die Stadt Bayreuth ist Mitglied. Sie wurde vor Ort von Bayreuths 2. Bürgermeister Andreas Zippel vertreten.
Riga, die lettische Hauptstadt, malerisch an der Ostsee gelegen, war für Zehntausende jüdischer Menschen aus Nazi-Deutschland die letzte Station einer Reise in den Tod. Riga zählt damit zu einem der ersten Orte des Massenmordes an Jüdinnen und Juden im Zweiten Weltkrieg. Das Riga-Komitee, gegründet im Jahr 2000, arbeitet daran, den Toten, soweit dies möglich ist, ihre Namen zurückzugeben und einen würdigen Ort der Trauer und des Gedenkens zu schaffen.
Ende 1941 lebten in Bayreuth noch 78 Juden. Die jüdische Bevölkerung hatte sich zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Verfolgung durch das NS-Regime schon drastisch verringert. Die Deportation der jüdischen Bürgerinnen und Bürger begann am 27. November als Teil der „Evakuierungsaktion“ der Ober- und Mittelfränkischen jüdischen Bevölkerung. 46 Bayreuther Juden standen auf der „Evakuierungsliste“. Verschont werden sollten lediglich Personen über 65 Jahre aufgrund ihrer mangelnden Arbeitsfähigkeit sowie Personen mit einem nicht-jüdischen Ehepartner. Da Mindestzahlen an zu deportierenden Juden gefordert waren, wurde die Liste der unter 65-jährigen „aufgefüllt“ mit sechs jüdischen Menschen über 70 Jahren und einer 85-jährigen Frau sowie den drei letzten in Bayreuth lebenden Jugendlichen im Alter von 13, 15 und 18 Jahren.
Sie alle wurden in den frühen Morgenstunden des 27. November 1941 von der Gestapo aus ihren Unterkünften geholt, in die Rotmainhalle gebracht, von dort aus auf einen LKW verladen und über die Autobahn nach Nürnberg gebracht. Dort harrten sie zwei Tage im Sammellager Nürnberg-Langwasser aus, bis sie in überfüllten Waggons Richtung Osten fuhren und im Auffanglager Jungfernhof bei Riga ankamen. Fast alle der Bayreuther, die am 27. November deportiert wurden, wurden im März 1942 bei den Massenerschießungen im Hochwald von Riga ermordet. Einige, die von den Erschießungen nicht betroffen waren, wurden im November 1943 in andere Konzentrationslager, unter anderem Auschwitz, gebracht.
„Das ganze Leid dieser schrecklichen Reise nach Riga und der nationalsozialistischen Taten können wir heute nur erahnen. Ich gebe offen zu, dass ich beim Anblick unseres Bayreuther Gedenksteines inmitten des bedrückenden Denkmals schwer mit meiner Fassung gerungen habe. Hier sind unsere Bayreuther Mitbürger brutal ermordet worden – nur weil sie jüdischen Glaubens waren“, so Bürgermeister Zippel. Daher bleibe eine reflektierte und forschungsbasierte, aber auch eine emotionale Auseinandersetzung mit diesem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte so wichtig. Die Stadt Bayreuth wird daher auch weiterhin auf vielfältige Weise Orte und Gelegenheiten der Erinnerung schaffen und pflegen.